Wer nach Madeira reist, verlässt Europa und begibt sich doch auf eine Zeitreise in die europäische Vergangenheit. Die einstige Blüte des 1419 von portugiesischen Seefahrern wiederentdeckten Eilands, das früh durch Zuckerrohr und später durch Weinanbau zu Reichtum kam, ist noch immer zu spüren. Nach britischer Besetzung (1801–1814) wurde Madeira zum vornehmen Luftkurort für die tuberkulosegeplagte britische Oberschicht. Heute ist die Insel eine beliebte Destination für jedes Budget.
Reisende finden auf der «Blumeninsel» exotische Gärten mit überbordender Pflanzenfülle, historische Quintas, die – manche als botanische Hotels – von einer lang vergangenen Zeit erzählen, einzigartige Lebensräume und atemberaubende Landschaften. Viele Madeirer sind übrigens überzeugt, die sattgrünen Berge der Insel seien die letzten Gipfel des mythenumwobenen, im Ozean versunkenen Atlantis.
Angenehm sind das warme Inselklima, ein hervorragend ausgebautes Strassennetz und die reizvolle Hauptstadt Funchal mit ihrer spannenden Kulinarik-Szene. Aber auch an Madeira geht die Klimaerwärmung und der Wandel menschlicher Ansprüche nicht spurlos vorüber. Die Trockenheit bedroht den uralten Lorbeerwald; die Artenvielfalt schwindet ebenso wie die Süsswasservorkommen; und auch die malerische Kulturlandschaft der Terrassengärten erodiert, wenn Gärten in Höhenlagen verlassen werden. Invasive Outdooraktivitäten wie Trailrunning, Downhill-Biken und Klettern machen auch vor Schutzgebieten nicht Halt – und verstärken so manche Kluft zwischen Einheimischen und Gästen. Ein nachhaltiger Perspektivenwechsel würde der Insel gut tun – wenn die Reisenden der Zukunft nicht nur daran denken, welche Erinnerungen sie selbst mitnehmen, sondern auch, welche sie hinterlassen.
Und nun wünschen wir Ihnen schöne Entdeckungen.
Simone Quast und Gianni Bombèn