«C’est pas grave.»
«Nicht so schlimm», sagte die achtjährige Mini-Barista mit Bestimmtheit in einem Kulturcafé auf unsere Bemerkung, der Espresso sei ihr wohl zu lang geraten für den «serré», den wir bestellt hatten. Während die Erwachsenen, darunter auch die Wirtin und Mutter, halb lachend, halb bewundernd so viel jugendliche Unbekümmertheit bestaunten, blieb das Mädchen ungerührt. Sie ahnte gar nicht, welche Preziose sie da ins Land gesetzt hatte, als sie aushilfsweise an der Kaffeemaschine stand. C’est pas grave begleitet uns seitdem. Klappt etwas nicht auf Anhieb: c’est pas grave, es gibt Wichtigeres. Ist man mal nicht gleicher Meinung: c’est pas grave, und gut ist.
Vielleicht ist es kein Zufall, dass wir diesen Gedanken in der Bretagne aufschnappten. Das Land und die Menschen sind geprägt von den Naturgewalten. Das Meer ist immer präsent: als Golfstrom in den Côtes d’Armor, der die schönsten exotischen Gärten blühen lässt; oder als unberechenbarer Atlantik, der mit Stürmen über das Land heult und sich nimmt, was nicht niet- und nagelfest ist. Die Naturgewalten und das besondere Licht lockten 1886 die ersten Impressionisten an. Heute sind es Fotografen, die zur Insel Ouessant pilgern um einzufangen, wie sich die Sturmflut an einem ihrer fünf Leuchttürme bricht. Und immer schon waren es die Literaten, die ihre wilde, schöne, bitterarme Heimat zu beschreiben wussten. Das Meer, der Wind, die weiten, blühenden Heidelandschaften, die Steilklippen, die todesmutigen Fischer, die geduckten, verwitterten Häuser aus Granit mit leuchtenden Hortensien im Vorgarten. Diese Bilder sind im kollektiven Gedächtnis verankert. Und wenn im Alltag ein Sandkorn im Getriebe knirscht? C‘est pas grave.
Und nun wünschen wir Ihnen schöne Entdeckungen.
Simone Quast und Gianni Bombèn