Editorial
Wie weit muss man eigentlich reisen, um neue Formen von Gartenkultur zu entdecken? Wir haben das Limousin ausgesucht, jenes grüne Land westlich des französischen Zentralmassivs. Berühmt ist es für die Kunst der Bildwirkerei und feinstes Porzellan. Aber für seine Gärten?
Die Gartenschöpfungen, die wir kennenlernten und mit deren Besitzern wir lange sprachen, haben eines gemeinsam: Sie offenbaren ein Verständnis, das weniger vom Tun und mehr vom Lassen geprägt ist. Die meisten dieser Gärten werden extensiv gepflegt. Dennoch stellen Gärtnerinnen und Gärtner hohe Ansprüche an Gestaltung und Ästhetik. Was ist nun ihr Geheimnis? Die Antwort lautet: Sie haben ihre Prioritäten neu gesetzt und sind von Gartenregisseuren zu Beobachtern geworden, die nur noch sanft eingreifen.
So, wie die Gartengestalter Jean-Paul Agier und Pascal Lecerf, die ihren Schaugarten einen Sommer lang aus beruflichen Gründen sich selbst überlassen mussten. Nach ihrer Rückkehr im Herbst erkannten sie den Garten kaum wieder. Aber er gefiel ihnen nun besser: Zufallsschönheiten und neue Perspektiven waren entstanden, die die Alltagsroutine der Gärtner vielleicht verhindert hätte. Die Erkenntnis, die uns Pascal und Jean-Paul mitgaben, ist folgende: «Wenn du von deinen Erwartungen an den perfekten Garten abrücken kannst, verändert sich dein Umgang. Plötzlich kannst du den Garten wieder betreten, ohne sofort ordnend einzugreifen. So lernst du eine neue Schönheit kennen. Vielleicht keine perfekte, aber eine natürliche.»
Und nun wünschen wir Ihnen schöne Entdeckungen im Limousin.
Simone Quast und Gianni Bombèn